Rezension „Die Schlacht der Fünf Heere“: Danke, geht doch!

posterIhr Rezensenten da draußen, kennt ihr das? Da geht man in einen Kinofilm, hat den ersten Teil, in besonderen Fällen gar den zweiten gesehen, und war nicht übermäßig begeistert; dann hat man sich vorher ein bisschen über den bevorstehenden Film informiert – und den Verriss schon so gut wie geschrieben, so im Geiste.

[Der Spoiler-Alarm klingelt jetzt.]

Was? Smaug stirbt nach nur zehn Minuten, nachdem er im letzten Film seine Zeit so lange Monologe schwingend und mit Tom & Jerry-haften Verfolgungsszenen im Berg verplempert hat? Und die total faszinierende Geschichte in Dol Goldur, die megakrasse Schlacht mit dem Nekromanten und den ganzen Elben wird auch nur in fünf Minuten verbraten? Und warum trägt Galadriel in der Schlacht eigentlich so ein dusseliges Hemdchen? Ist ja nicht so, als sähe sie in Rüstung nicht auch verdammt heiß aus. Und zum krönenden Abschluss dann eine Stunde Schlacht am Einsamen Berg? Für mich perfekte Zutaten für einen Verriss – bis ich dann den Film gesehen habe.

Den Valar sei Dank, war Smaug nach zehn Minuten vom Himmel geholt! Kaum ein Kriegsfilm mit seinen viel realitätsnäheren Schrecken hat mich bisher so mitgenommen. Der Feuersturm ruft unbeschreibliches Grauen hervor. „Ich habe keine Ahnung, wie wir mit dem Film so wie er ist durch die FSK 12 gekommen sind“, sagte eine der Damen von Warner Bros. vor der Vorstellung. Ich dachte es ginge dabei um die große Endschlacht, aber der Schrecken lauert gleich am Anfang. Und dann fällt der grausame Smaug endlich – und irgendwie trauert der Fan der großen Mythen in mir plötzlich über den Tod des letzten seiner Art.

THE HOBBIT: THE BATTLE OF THE FIVE ARMIES
Elbenarmee – nicht in Dol Guldur, dafür direkt vor Bards Haustür

In Dol Guldur finden wir keine Elbenarmeen vor. Nur Galadriel, Elrond, Saruman, Radagast und Gandalf (der war ja eh schon da). Und was wir dann an Kampfszenen mit den körperlosen Nazgûl bekommen ist ziemlich episch. Was sich vorher schon angedeutet hat: Galadriel scheint die stärksten Kräfte zu haben, was nicht wirklich vorlagengetreu ist, aber für den Film funktioniert das prima.

Thorins Abstieg in den Wahnsinn ist ganz gut umgesetzt, allerdings verblasst Richard Armitages schauspielerisch saubere Leistung hinter dem eigentlich still im Hintergrund agierenden Martin Freeman. Aber wie sagte Ian McKellen am grünen Teppich in London so schön: „Von Martin habe ich etwas über das Schauspielen gelernt.“ Die Szene, in der Thorin seine Fehler erkennt, bleibt ein bisschen schwach. Ein paar surreale Effekte, aber nicht genug, um wirklich zu wirken. Ansonsten folgt man der Vielzahl der Charaktere gerne, ob dem sympathischen Bard, dem arroganten Thranduil oder gar der tragischen Liebesgeschichte.

Und zum Schluss die lange Schlacht. Bin ich eigentlich kein Fan von, hat mich in „Die Rückkehr des Königs“ bisschen gelangweilt, aber hier war ich die ganze Zeit unterhalten. Fünf Armeen mit fünf ganz unterschiedlichen Kampfstilen trugen dazu bei, ebenso wie die ganzen individuellen Perspektiven – manche davon unerwartet, wie die des Assistenten des Meisters von Seestadt, der uns ungeahnt lange begleitet – und das Eingehen auf die Folgen solcher Auseinandersetzungen.

Ein weiterer Grund warum ich diesmal so begeistert bin – ja, ich habe begeistert gesagt – sind wohl die drastisch verbesserten Spezialeffekte. Kein Disney-Zeichentrick Flashback wie beim flüssigen Gold, oder Fässer die selbst die physikalischen Regeln von Mittelerde brechen müssen, oder die Anmutung eines gut designten Computerspiels. Vielleicht liegt es an den düstereren Farben oder den vielen echten Landschaftsaufnahmen, auf jeden Fall wird man nicht mehr ständig durch schlechte Effekte aus der Sekundärwelt gerissen.

Die Holzhammer-Anspielungen auf die „Herr der Ringe“-Filme sind zum Glück auch durch. Am Ende schlägt der Film einen wunderbaren Bogen zu „Die Gefährten“, und das Gefühl ist wieder da, wie beim allerersten Film. Danke, geht doch!

Ach ja, macht es auf dem Weg ins Kino auf keinen Fall wie Bilbo: Verlasst nicht ohne euer Taschentuch das Haus.

thranduil
Lee Pace als Thranduil

Alle Bilder: (c) Warner Bros.

Marie- Noëlle Biemer studierte Anglistik, Russistik und BWL an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und Business Studies an der University of Bradford, UK. Sie arbeitet als Redakteurin bei einer englischsprachigen Fachzeitschrift in Frankfurt. Zu ihrem Lieblingsthema William Morris und dessen Einfluss auf J.R.R. Tolkien hat sie bereits zwei Artikel veröffentlicht. Als Pressesprecherin der Deutschen Tolkien Gesellschaft kümmert sie sich um Presseanfragen, -mitteilungen und die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins. Sie ist außerdem Redakteurin der DTG Website.

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