Live Action Role Play findet, wie der Name schon sagt, live statt. Im Gegensatz zum klassichen Rollenspiel wird es also nicht am Tisch, sondern in Kostümen und mit vollem Körpereinsatz gespielt – natürlich an Orten, die zum ausgewählten Szenario passen, ob freie Natur, Ritterburg oder verlassene Fabrikhalle. Dort schlüpft man meist für mehrere Tage am Stück in die Rolle der Figur, die man verkörpert, und interagiert spontan und (meist) ohne Absprache mit den anderen Spielern. Waffen aus Schaumstoff und Latex ermöglichen Kämpfe ohne Verletzungen. Würfeln zur Bestimmung von Treffern, Kampfschäden oder Fähigkeiten entfällt, da man die Handlungen seines Charakters direkt selbst ausführt und so auch direkt merkt, ob man damit Erfolg hat oder nicht.
Dementsprechend ist es empfehlenswert, eine Rolle zu spielen, die man tatsächlich darstellen kann. Für die Umsetzung von Naturereignissen, Katastrophen ode Fantasy-Elementen wie Magie, die sich nicht real darstellen lassen, gibt es jedoch vorher vereinbarte Ansagen. Diese sind meist zusammen mit den anderen Spielregeln, Sicherheitshinweisen und Informationen zur Spielwelt im Regelwerk der Veranstaltung zusammengefasst. Eine Spielleitung überwacht und moderiert das Geschehen, bereitet Rahmengeschichte, Kulisse und die ein oder andere Überaschung vor und sorgt nach besten Kräften für den reibungslosen Ablauf des LARPs. Dabei werden sie unterstützt von Nicht-Spieler-Charakteren (NSC), die keine eigene Rolle spielen, sondern von der Spielleitung als Statisten dort eingesetzt werden können, wo sie gerade gebraucht werden.
Mittelerde bietet sich durch den hohen Grad der Ausarbeitung und die Bekanntheit der Texte und Filme geradezu ideal für das Rollenspiel an. Die Filmtrilogien von Peter Jackson bieten noch dazu fantastische Vorlagen in Sachen Gewandung, Ambiente und Maske. Reine Tolkien-LARPs sind – zumindest in Deutschland – dennoch relativ selten. Häufiger findet man von Tolkien oder den Tolkien-Adaptionen geprägte Spieler oder Gruppen, die an großen LARP-Veranstaltungen mit eigenem Fantasy-Setting wie dem Epic Empires, dem Drachenfest oder dem Conquest of Mythodea teilnehmen. Das Elbenlager auf dem Epic Empire weist beispielsweise starke Einflüsse von Tolkien und der Ästhetik der Filmtrilogie auf. So werden von Elbenspielern zumindest grundlegende Sindarin-Kenntnise sowie ein würdevoller Auftritt erwartet, Fletts sind eine gängige Architekturform. Wer das zu steif und vornehm findet, wird vielleicht bei den Zwergen oder im Orklager glücklicher.
Größere Mittelerde-LARPs hat es bisher eher in anderen Ländern gegeben, etwa in Tschechien, wo man bereits Schlachten um Gondor geschlagen hat oder auch die Schlacht der fünf Heere neu ausgekämpft wurde. In der russischen LARP-Kultur ist das Nachspielen von ausgewählten Szenen aus den Büchern, aber auch aus (den Teilnehmern) bekannten Fanfiktion-Geschichten beliebt. Das schwedische Simbelmyne-LARP, das etwa 500 Jahre vor dem Ringkrieg angesiedelt war, setzte hingegen auf ein freies Szenario in der Vorgeschichte des Herrn der Ringe, in dem jeder Spieler Hintergrund, Aktionen und Entscheidungen seiner Figur weitestgehend selbst bestimmen konnte.
In unseren Breiten sind LARPs, die im Mittelerde-Universum spielen, kleiner und meist privat organisiert. So gab es eine Weile die “Elffeast”-Veranstaltungen, deren Spieler jährliche Feste im (nicht streng buchgetreuen) Tolkien-Universum nachgefeiert haben, oder die Rohan-LARP-Reihe, bei der Rohan im Vierten Zeitalter Spielort war.