Blick ins Spiel: „Der Herr der Ringe: Gollum“

Gollum Header
Im Rahmen der diesjährigen Daedalic Days in Hamburg erhielten wir erstmalig die Gelegenheit, selbst in die Rolle von Gollum zu schlüpfen. Wir bekamen Zugang zu zwei der insgesamt 25 Kapitel des Spiels. Damiri Knapheide, der Loremaster, stand uns im Anschluss für Fragen zur Verfügung. Er begleitet das Projekt seit der Konzeptphase, wobei er ein wachsames Auge auf Tolkiens Werk und die Umsetzung durch Daedalic Entertainment hat.

Das in diesem Jahr erscheinende Spiel dreht sich um die Figur Gollum. Die Spieler werden etwa 25 Stunden benötigen, um die Handlung abzuschließen, wobei die Dauer je nach Können variieren kann.

Das Spiel startet zeitlich etwa drei Jahre, nachdem Bilbo und mit ihm der Ring weg sind. „Gollum verlässt dann, 2944 oder so, seine Höhle im Nebelgebirge und fängt an, die Spur des Rings und Bilbo zu verfolgen.“ Der Endpunkt des Spiels ist der Moment in Moria, wenn Gollum auf die Gefährten stößt und diese dann verfolgt. Dazwischen reist man während des Spiels durch die verschiedensten Schauplätze Mittelerdes, wie Barad-dûr in Mordor und das Elbenreich Thranduils im Düsterwald.

Gollum: Thranduil (C) Daedalic Entertainment GmbH
Gollum: Thranduil (C) Daedalic Entertainment GmbH

In Barad-dûr wird deutlich, wie Daedalic durch geschickte Deduktion Figuren und Kreaturen ins Spiel integriert, obwohl sie nicht Teil der Lizenzen sind oder in Tolkiens Werk an dieser Stelle beschrieben werden. Unter anderem sind im Spiel die geflügelten Ungeheuer zu sehen, welche Sauron erst spät im Ringkrieg offenbaren möchte. „Diese Kreaturen wachsen natürlich nicht aus dem Boden, und sie werden auch nicht herbeigerufen. Wie Tolkien sagt, wurden sie lange gebrütet und wahrscheinlich an ihre Reiter angepasst, so wie die Pferde, erklärt Damiri. Daher hat sich das Team entschieden, dass diese Kreaturen in Mordor bereits existieren und dort auch fliegen dürfen. Dies ist ein Beispiel für die kreativen Freiheiten, die sich das Team genommen hat, und die von Middle-earth Enterprises akzeptiert und durchgewunken wurden.

Der besondere Reiz des Spiels liegt in Gollums innerem Konflikt mit seinem Alter Ego Sméagol, der die Handlung je nach Entscheidungen des Spielers beeinflusst. Die Spieler können entscheiden, in welche Richtung sie sich entwickeln möchten – entweder in Richtung Gollum oder Sméagol. Diese Entscheidungen haben Auswirkungen auf den Verlauf der Erzählung, das Überleben bestimmter Charaktere und das Schicksal anderer. „Je nachdem, welche Entscheidungen man trifft, werden am Ende unterschiedliche Charaktere als Freunde, Unterstützer oder Ähnliches benötigt“, erklärt Damiri. „Ein Kapitel ist sogar ganz anders.“ Diese dynamische Entscheidungsstruktur verleiht dem Spiel eine zusätzliche Tiefe und eröffnet den Spielern die Möglichkeit, die Geschichte auf ihre eigene Art und Weise zu erleben.

Der Herr der Ringe Gollum - Spielansicht | (C) Nacon / Daedalic Entertainment GmbH
Der Herr der Ringe Gollum - Spielansicht | (C) Nacon / Daedalic Entertainment GmbH

Da Daedalic Entertainment ausschließlich die Buchrechte erwarb, konnte der Film nicht als Vorlage dienen. Das Team musste sich darauf konzentrieren, eine eigenständige Umsetzung zu schaffen. „Viele im Team haben tatsächlich nur die Filme gesehen, und das aus den Köpfen herauszubekommen, war gar nicht unsere Absicht. Es wäre auch nicht möglich gewesen, im Gegenteil. Wir haben dann versucht, natürlich auf die Fans Rücksicht zu nehmen, die von den Filmen kommen, und Gestalten so darzustellen, dass sie auf jeden Fall wiedererkennbar sind, und Stimmen, noch viel wichtiger, Stimmen zu finden, die das auch abbilden“, so Damiri. Dies stellte für das Artwork eine Herausforderung dar, ermöglichte jedoch auch kreative Freiheit bei der Gestaltung der Charaktere und Szenerien.

Etwas schwerer war es bei der Auswahl der Sprecher. „Da waren so Probleme, weil wir manchmal Leute hatten, die sehr, sehr stark vom Film geprägt waren, so Damiri. Für die Sprache wurde dann ein weiterer Tolkien- und Elbisch-Experte ins Boot geholt, um die Authentizität der Sprache sicherzustellen: Helmut W. Pesch. Dies überrascht nicht, denn die Elben sprechen zum Teil in ihrer eigenen Sprache, damit Gollum sie nicht versteht. Auch die Untertitel sind zum Teil in Elbisch gehalten. Zudem wurden einige Worte der Orks in der Schwarzen Sprache gesprochen. Auch hier stand Pesch beratend zur Seite. Wer kein Elbisch kann oder der Schwarzen Sprache nicht mächtig ist, kann Untertitel für diese Sequenzen aktivieren. Wobei der Inhalt nicht von Bedeutung ist.

Für Fans der Werke wurden einige Easter Eggs im Spiel versteckt, die entdeckt werden können. Laut Damiri wurde versucht, so nah wie möglich am Buch zu bleiben, obwohl Tolkien nicht allzu viele Details zu dieser speziellen Handlung lieferte. Die Lizenzen für Hobbit, Herr der Ringe und die Anhänge wurden von Middle-earth Enterprises erworben. Diese hatten während der gesamten Entwicklungsphase ein wachsames Auge auf das Projekt und ließen sich quartalsweise über den Fortschritt informieren. „Letztlich prüfte Middle-earth Enterprises auch noch mal alles“, so Damiri.

Die Ideen für das Spiel stammen aus dem Jahr 2019. Das Unternehmen Daedalic hat seitdem einige Turbulenzen durchlebt. Vor der Pandemie verkaufte Bastei Lübbe im Mai 2020 41 Prozent der Aktienanteile an die beiden Geschäftsführer zurück. Erst 2014 hatte Bastei Lübbe 51 Prozent des Unternehmens erworben. Bis Ende 2020 wurden außerdem die Niederlassungen in München und Düsseldorf aufgelöst. Im Februar 2022 wurde Daedalic Entertainment von dem französischen Publisher Nacon aufgekauft.

Zum Zeitpunkt des Interviews stand das Veröffentlichungsdatum noch nicht fest. Damiri betonte jedoch, dass dies der Qualität des Spiels zugutekommt: „Wir sind jetzt in der Polishing-Phase, also je mehr Zeit wir fürs Polishing bekommen können, desto besser wird das Spiel.“

Mittlerweile wurde bekannt gegeben: Das Spiel erscheint am 25. Mai für die Plattformen Microsoft Windows, PlayStation 4, PlayStation 5, Xbox One und Xbox Series. Besitzer einer Nintendo Switch müssen sich jedoch noch gedulden, da diese Version zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht wird. Informationen über den Preis des Spiels sind bisher noch nicht bekannt.

Das komplette Interview mit Damiri, könnt Ihr in der aktuellen TolkCast-Folge 132 anhören.

Credits:

Fotos: Nacon / Daedalic

  • Hat Dir der Beitrag gefallen?
  • janein
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner