Das Silmarillion als Opern-Zyklus

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Musik spielt in Mittelerde eine wichtige Rolle, und so ist es wohl kaum überraschend, dass Künstler und Komponisten sich immer wieder von Tolkien inspirieren lassen. Die Bandbreite reicht dabei von sanften Folk-Klängen bis zu Heavy Metal, von Stücken für einen Sänger bis hin zu klassischer Orchestermusik. Und auch Opern dürfen bei den musikalischen Interpretationen von Tolkiens Werken nicht fehlen. Der walisische Komponist Paul Corfield Godfrey etwa hat einen ganzen Zyklus geschaffen, der die Hauptereignisse des Silmarillion in operatischer Form nacherzählt. Die abendfüllenden Opern Fëanor, Beren & Lúthien, The Children of Húrin und The Fall of Gondolin sowie kürzere Werke auf Grundlage des Herrn der Ringe schrieb er bereits in den 1980er Jahren und holte dafür ganz offiziell die Genehmigung des Tolkien Estates ein. Zur Aufführung kam der Opernzyklus jedoch bisher nie.

Vom Zufallsfund zur Demo-CD

2016 kam dann der Zufall zu Hilfe. Bei der Vorbereitung eines Gedenkkonzerts suchte das Team der Volante Opera Productions um Simon Crosby Buttle und Julian Boyce nach Musik zu Texten von Dichtern und Schriftstellern, die im Ersten Weltkrieg gedient hatten. Dabei stieß Buttle auf Godfreys Tolkien-Interpretationen. Für das Gedenkkonzert kam die Musik aus Zeitgründen nicht in Frage, doch auf diese Weise entstand der Kontakt zum Komponisten, der den jungen Opernsängern aus Wales einen großen Teil seiner Kompositionen zur Verfügung stellte. Aus ersten Experimenten mit Musik-Software und einzeln eingesungenen Stücken wurde schnell ein größeres Projekt. In Zusammenarbeit mit Godfrey, zahlreichen Freunden, der Welsh National Opera und Prima Facie Records entstand eine Demo-Aufnahme von The Fall of Gondolin, die seit letztem Jahr erhältlich ist. In diesem August folgt Beren & Lúthien. The Children of Húrin und Fëanor sind bereits in Bearbeitung und sollen in den kommenden Jahren fertiggestellt werden.

Digitales Orchester, echte Sänger

Trotz des professionellen Hintergrunds arbeiten die Musiker, die hauptberuflich Konzerte und Opern-Galas organisieren, nur in ihrer Freizeit an den Tolkien-Opern. Entsprechend viel Herzblut steckt in den Demo-CDs. Unter anderem mussten Buttle und Boyce die Herausforderung meistern, dass The Fall of Gondolin für zehn Soloisten und einen vollständigen Opernchor geschrieben wurde, ihnen aber insgesamt nur zwölf Sänger zur Verfügung stehen – allesamt Freunde, die das Mammutprojekt neben ihrer haupberuflichen Arbeit für die Welsh National Opera unterstützen. Was auf der Bühne nicht umzusetzen wäre, lässt sich für die Aufnahme durch Doppelbesetzungen, Arbeitsteilung und die digitale Technologie ein Stück weit ausgleichen. “Bei Beren [und Lúthien] gibt es weniger Rollen und keine Doppelbesetzungen, aber dafür sind die beiden Hauptrollen ein ziemliches Unterfangen,” scherzt Buttle im Interview mit Cheeky Records. Die Orchestermusik wird vollständig digital zusammengefügt.

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Kein Budget, aber viel Herzblut

Natürlich sei das nicht das Gleiche wie ein echtes Orchester und ein Chor von 40 Sängern. Aber zunächst einmal ginge es erst einmal darum, die Musik überhaupt einem größeren Publikum zugänglich zu machen, so Buttle. “Wir haben letzten Endes überhaupt kein Budget, und alle Einnahmen aus dem Verkauf der Demo-Aufnahmen werden zwischen dem Tolkien Estate und den vielen Leuten, die mitgemacht haben, aufgeteilt.” Durch die eingeschränkten Möglichkeiten erklärt sich auch die chronologisch verkehrte Reihenfolge. “Tuors Arie habe ich eben als Erstes eingesungen,” erklärt Buttle. “Die Besetzung bei Gondolin ist ziemlich groß, also sind wir danach Beren angegangen, was weniger Sänger braucht. Fëanor haben wir uns bewusst für den Abschluss aufgehoben, weil es sehr chorlastig ist – im gesamten ersten Akt gibt es keinerlei Soli! Also kam Húrin an dritter Stelle.” Außerdem gibt es, ähnlich wie in Tolkiens Büchern, noch einen Anhang: Godfreys Version des “Lay of Eärendil” und diverse kurze Szenen aus dem Herrn der Ringe. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine fünfte Oper, sondern eine Sammlung von einzelnen Stücken.

Kein neuer Ring-Zyklus

Und wie hört sich das Ganze nun an? “Verschiedene Leute haben Paul [Corfield Godfrey] entweder mit Vaughan Williams oder mit Sibelius verglichen, und diesen Vergleichen schließe ich mich an. Außerdem lässt sich ein zeitgenössischer Twist heraushören, aber es wird nie unnötig atonal,” erklärt Buttle. Den unvermeidlichen Vergleich mit Wagners Ring-Zyklus zieht er gleich selbst. “Paul hat natürlich eine große Anzahl von Leitmotiven für verschiedene Dinge geschaffen – etwa die Silmarilli, die Hauptfiguren, verschiedene Völker oder Orte. Aber damit enden die Vergleiche mit Wagner auch schon.” Im Übrigen sei der gesamte Zyklus nur neun Stunden lang, nicht 15 wie bei Wagner.
“Wir gehen nicht davon aus, dass wir die Welt im Sturm erobern werden,” stellt Buttle klar. “Aber die Kombination aus dem Nischenmarkt Oper und dem Nischenmarkt Tolkien ist ziemlich interessant.” Wie groß die Schnittmenge ist, wird die Zukunft zeigen. Die neue CD zu Beren & Lúthien wird am 10. August im Rahmen von “Tolkien 2019” in Birmingham offiziell vorgestellt und ist danach bei Prima Facie Records sowie als mp3-Download bei den gängigen Plattformen erhältlich.

 

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Produktinformation

Preis: £ 15 (CDs)/ ca. € 10 (mp3-Album)
Umfang: 30 Tracks
Komponist: Paul Corfield Godfrey
Label: Prima Facie Records
Sprache: Englisch

bestellen (mp3-Album) / http://primafacie.ascrecords.com/fall_gondolin.html

Credits

Titelfoto: Coverausschnitt von Beren and Lúthien, Volante Opera Productions, Artwork: Ted Nasmith
Cover Beren and Lúthien: Volante Opera Productions, Artwork: Ted Nasmith
Cover The Fall of Gondolin: Volante Opera Productions, Artwork: Ted Nasmith

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