(Artikel erschienen am 28. April 2012)
Zur Halbzeit des Tolkien Seminars zum Thema „Tolkiens Einfluss auf die Fantasy“, das dieses Wochenende an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena läuft, kann man festhalten: Es ist gar nicht so einfach, literarische Einflüsse auf ein Werk zu beweisen. Handelt es sich bei offensichtlichen Einflüssen um einen direkten Bezug zu Tolkiens Werk, oder kann man ihn eher auf gemeinsame Quellen zurückführen? Traue ich dem Autor, wenn er sagt er wurde nicht von Tolkien beeinflusst?
Thomas Fornet-Ponse hat sich beim ersten Vortrag am Freitag mit den theoretischen Grundlagen zum Beweis von literarischen Einflüssen beschäftigt. Guglielmo Spirito und Emanuele Rimoli sprachen danach über (mögliche) Einflüsse Tolkiens auf Jonathan Franzen, Michael O’Brien und Flannery O’Connor, wobei sie die zwei ersten einfach persönlich dazu befragt haben. Nach diesen ersten Ansatzpunkten ging die Diskussion munter abends im Gasthaus Noll weiter.
Heute Morgen sprach Friedhelm Schneidewind über die sogenannten Völkerromane deutscher Fantasy-Autoren, die er auch persönlich zu Tolkiens Einfluss auf ihr Werk befragt hat. Den kann keiner leugnen, doch fällt die Ausprägung sehr unterschiedlich aus. Einige wollen sich klar abgrenzen, indem z.B. die Orks als Hauptcharaktere angelegt werden, andere bleiben mehr in der Tradition der High Fantasy verhaftet. Alle Autoren waren sich einig, dass die Jackson-Verfilmung des Herrn der Ringe eine wichtige Rolle in der Verbreiterung der Leserschaft gespielt hat.
Antje Rügamer verglich die Rätsel des Hobbits mit denen aus Moers‘ Rumo und die Wunder im Dunkeln und stellte dabei eine ähnlich Funktion innerhalb des Romans fest, auch wenn sie sich formal unterscheiden. Weiter ging es mit einem Vergleich der Figurenkonstellation im Herrn der Ringe und Harry Potter durch Antje Stürzer. Bei der Analyse treten frappierende Ähnlichkeiten an den Tag, gerade in Bezug auf den Monomythos und die gleichen thematischen Schwerpunkte (Opferbereitschaft, Freundschaft etc.).
Eine verlängerte Mittagspause wird dazu genutzt die Stadt näher kennenzulernen. Und wir sind noch lange nicht fertig.
Bild: Thorsten Werner