Zum 10. Februar bringt Klett-Cotta J.R.R. Tolkiens Version von Kullervo in der deutschen Übersetzung auf den Markt. Im Englischen erschien das Werk im August 2015 bei HarperCollins. Die Geschichte von Kullervo ist eine der ältesten Erzählungen Tolkiens – und gleichzeitig auch eine der tragischsten. Ausnahmsweise stammte die Überarbeitung von Tolkiens Manuskript(en) zum Thema dieses Mal nicht von seinem Sohn Christopher, sondern von der renommierten Tolkien-Expertin Verlyn Flieger. Diese Ausgabe erscheint zweisprachig, auf den linken Buchseiten ist der Originaltext abgedruckt, auf der rechten Seite die (hervorragende) deutsche Übersetzung von Joachim Kalka.
Die Geschichte von Kullervo
Der Ursprung der Geschichte von Kullervo liegt im finnischen Nationalepos, der Kalevala. Quasi als „Fanfiction“ verfasste Tolkien in der Zeit um 1915 auf dieser Grundlage, noch während er in Oxford studierte, sein erstes größeres Werk. Schon damals schaffe er es nicht, die Geschichte zu Ende zu schreiben. Das unvollendete Manuskript befindet sich in der Bodleian Library in Oxford. Bei der 2015 veröffentlichten Ausgabe handelt es sich um eine wissenschaftliche Arbeit von Verlyn Flieger. Darin hat sie Tolkiens Version des Kullervo um seinen 1914 und 1915 gehaltenen Vortrag Über „Das Kalevala“ oder Land der Helden sowie um eigene Artikel und Kommentare ergänzt.
Kullervo gilt als Vorlage für Tolkiens Charakter Túrin Turambar, bekannt aus dem Silmarillion und den Kindern Húrins. Túrin ist die wohl dunkelste und tragischste aller Tolkien’schen Figuren. Wie auch Kullervo fristet er ein trübseliges Dasein, das von Zeile zu Zeile unglücklicher wird.
Der Verlag schreibt zu der Erzählung Tolkiens:
Zum Buch
Diese Veröffentlichung enthält, wie bereits erwähnt, nicht nur Tolkiens Umsetzung des Kullervo in Englisch und Deutsch, sie ist auch darüber hinaus eine äußerst lesenswerte Lektüre. Bereits in der Einleitung geht Verlyn Flieger auf die lebenslange Faszination ein, die das finnische Kalevala auf Tolkien ausübte. Die Namensliste mit etlichen durchgestrichenen und verworfenen Ideen ist nicht nur amüsant zu lesen, sie ist auch sehr aufschlussreich, was die Entstehung der Niederschrift angeht. Ebenso die abgedruckten Handlungsentwürfe, die aus zusammenhanglosen Notizen Tolkiens zusammengetragen wurden und deutlich machen, wie er vorgegangen ist.
Auch der Manuskriptentwurf zu Tolkiens Vortrag Über „Das Kalevala“ oder Land der Helden, den er 1914 und 1915 hielt, ist enthalten und unterstreicht noch einmal seine Bewunderung für das finnische Nationalepos. Verlyn Fliegers Aufsätze zur Kalevala, zu Tolkien und Kullervo zeichnen sich, wie von ihr gewohnt, durch höchste Qualität aus. Sie selbst schreibt: „Ich habe Tolkiens gelegentlich etwas verschrobenen Wortgebrauch und seine oft umständliche Syntax belassen und in einigen Fällen Interpunktionen hinzugefügt, wo es im Interesse des Verständnisses notwendig war.“
Einen besonderen Augenschmaus bieten die abgebildeten Manuskriptseiten in Tolkiens Handschrift, auf denen zahlreiche Änderungen und Korrekturen zu erkennen sind.
Inhalt
Vorwort
Einleitung
DIE GESCHICHTE VON KULLERVO / THE STORY OF KULLERVO
Namensliste
Handlungsentwürfe
Anmerkungen und Kommentar
Einführung zu den Aufsätzen
Über „Das Kalevala“ oder Land der Helden
Anmerkungen und Kommentar
Das Kalevala
Anmerkungen und Kommentar
Tolkien, das Kalevala und „Die Geschichte von Kullervo“
Die Herausgeberin
Verlyn Flieger ist emeritierte Professorin für Anglistik an der University of Maryland. Sie beschäftigt sich vor allem mit Mythenforschung und Komparativer Mythologie. Dabei gibt sie unter anderem Kurse über keltische, hinduistische, indianische und nordische Mythen sowie zur Artus-Sage. Außerdem ist sie Mitherausgeberin der Tolkien Studies und hat bereits mehrere Werke zur Tolkien-Forschung beigetragen.
Credits
Titelbild: Coverausschnitt Klett-Cotta
Fotos im Text: Tobias M. Eckrich