Stefan Servos ist Begründer von herr-der-ringe-film.de und einer der bekanntesten Tolkien-Experten Deutschlands. Er verfolgte intensiv die Entstehung der Herr-der-Ringe-Verfilmungen von Peter Jackson und war auch als Berater für die deutschsprachige Version der Filme tätig. Diese Woche erscheint sein neues Buch: Unnützes Wissen für Tolkien Fans – Die spannendsten, absurdesten und lustigsten Fakten rund um Mittelerde. Maria Zielenbach hat sich das Buch für Euch angeschaut.
Wie der Untertitel verspricht, handelt es sich bei Unnützes Wissen für Tolkien Fans um eine Sammlung von kurzen Fakten rund um J.R.R. Tolkien, seine Werke und deren Adaptionen. Der Klappentext verspricht folgendes:
Das Buch besteht aus neun Kapiteln plus Vorwort und Quellen, die jeweils ein bestimmtes Leitthema haben, wobei das erste Kapitel „Aus aller Welt“ eher eine kunterbunte Mischung zu allen möglichen Themen ist, wie Tolkiens Leben, die Entstehung seiner Werke, die Adaptionen und welche prominenten Persönlichkeiten Tolkien-Fans sind. Der Fokus des Kapitels „Der Herr der Ringe und Der Hobbit” ist selbsterklärend: es geht hauptsächlich um Fakten zu den Werken selbst. In „Die Mythologie von Mittelerde“ geht es um das Silmarillion und weitere Ereignisse vor der Zeit von Hobbit und Herr der Ringe. „Skurriles und Kurioses“ ist in der Vielfalt der Themen ähnlich zu „Aus aller Welt“, beschäftigt sich aber mehr mit den Werken Tolkiens. „Auf der Kinoleinwand“ bietet Fakten zu den filmischen Umsetzungen von Tolkiens Werken. Dabei werden nicht nur die Peter-Jackson-Verfilmungen, sondern auch andere Adaptionen besprochen.
Zwischen diesen „Fakten-Kapiteln“ gibt es auch drei Kapitel, die jeweils 10 längere Fakten zu einem bestimmten Thema enthalten: „10 populäre Irrtümer“, „10 Fakten aus Númenor“ und „10 krasse Verfilmungsunterschiede“.
Innerhalb der Kapitel mit den kurzen Fakten gibt es alle paar Seiten eine durch ihr Design hervorgehobene Doppelseite mit der Überschrift „Tolkien Facts“ – ich konnte allerdings keine Unterscheide zu den Fakten auf den anderen Seiten ausmachen. Ansonsten enthält das Buch wenig Illustrationen, abgesehen von einer Karte von Númenor, einem Stammbaum und farblich abgehobenen Infoboxen zu den Ringen der Macht.
Apropos Ringe der Macht: Das Buch wurde offensichtlich mit Hinblick auf die kommende gleichnamige Amazon-Serie konzipiert. Darauf weist auch das Kapitel, das allein Númenor gewidmet ist, hin.
Die Informationen im Buch sind (soweit ich das nachvollziehen kann) zum Großteil akkurat. Hier und da finden sich Fehler, so wird beispielsweise Feanor als „erste[r] hohe[r] König der Elben“ bezeichnet, obwohl er „nur“ der zweite König der Noldor war. An anderen Stellen könnten Dinge auch anders interpretiert werden, als sie im Buch angegeben sind. Etwas irritiert hat mich der Umstand, dass zwar erläutert wird, die Valar seien für Tolkien keine „Götter“ gewesen, dennoch werden sie im Buch durchgehend als „Götter“ und Ilúvatar als „Obergott“ bezeichnet. Hier hätte man vielleicht eine andere Bezeichnung wählen können. Ein weiterer Kritikpunkt meinerseits: Im Kapitel „10 populäre Irrtümer“ lautet Irrtum 6 „Der Herr der Ringe ist rassistisch“. Im Text dazu steht dann „Tolkiens Beschreibungen der Wesen von Mittelerde sind unzweifelhaft durch die allgemein verbreitete Völkerkunde der 1930er- und 1940er-Jahre geprägt. Dass dies mittlerweile überholt ist, steht außer Frage.“ Danach wird ausgeführt, dass Tolkien selbst sich nie rassistisch geäußert habe. Ja, was denn nun? Zeigt Der Herr der Ringe nun ein problematisches Weltbild oder nicht? Diese hochbrisante Frage als absoluten Irrtum in eine Reihe mit „Der Auenland-Kalender entspricht unserem Kalender“ zu stellen, halte ich für problematisch.
Am Ende des Buches findet sich ein Verzeichnis mit Quellen. Die Fakten selbst sind nicht mit Quellenangeben versehen. Das hätte ich mir an einigen Stellen gewünscht, allerdings würden ausführliche Angaben nicht ins Konzept des Buches passen und den Lesefluss behindern. Vielleicht hätte man mithilfe von Abkürzungen zumindest auf das referenzierte Werk verweisen können. Besonders gut hat mir gefallen, dass Fakten aus dem im letzten Jahr erschienen Natur und Wesen von Mittelerde eingearbeitet sind.
Die Fakten werden in einer lockeren, humorvollen Art präsentiert, die aber nicht auf Teufel komm raus auf Lacher getrimmt ist. Mithilfe der Leseprobe auf der Webseite des Verlags könnt Ihr testen, ob Euch der Stil zusagt. Man kann das Buch in wenigen Stunden weglesen (falls man das möchte). Als Nachschlagewerk eignet es sich aufgrund der Vielfalt der Themen in den einzelnen Kapiteln weniger.
Zum Abschluss noch die Frage: für wen ist dieses Buch was? Ich denke, dass alle Tolkien-Fans unabhängig von Hintergrund und Interessensgebieten spannende Fakten in diesem Buch finden werden. Viele der Fakten sind unter eingefleischteren Fans hinlänglich bekannt, aber ich habe auch noch Neues gelernt. Durch die breite Auswahl der Themengebiete kommen sowohl Buch- als auch Filmfans auf ihre Kosten. Zum „Tolkien-Experten“, wie der Klappentext ankündigt, werdet Ihr vermutlich nicht werden. Aber falls Ihr vor dem Start der Amazon-Serie noch Euer Wissen auffrischen wollt, Unterhaltung auf einer langen Zugfahrt braucht oder beim nächsten Herr-der-Ringe-Marathon ein paar Fakten zum Auflockern raushauen wollt: dieses Buch eignet sich auf jeden Fall.
