„ie ein alter Baum, der nach und nach all seine Blätter verliert“, so beschrieb sich J.R.R. Tolkien im November 1963, vier Tage nach dem Tod seines langjährigen Freundes und dem Autor der Chroniken von Narnia C.S. Lewis. „as fühlt sich an wie ein Axthieb in der Nähe der Wurzeln.“ (Carpenter, 341*) Tolkiens Wurzeln hielten noch weitere zehn Jahre. Am 2. September 1973 starb er in Bournemouth, während eines Besuchs bei Freunden, an einem stark blutenden Magengeschwür (Duriez, 218).
Zum 40. Todestag Tolkiens, möchte ich kurz einen Aspekt in Tolkiens Leben und Werk beleuchten, der ihm sehr am Herzen lag. „Ich liebe (offensichtlich) Pflanzen, und vor allem Bäume, und habe das schon immer getan; und ich finde deren Misshandlung durch Menschen so schwer zu ertragen, wie andere Leute das Quälen von Tieren.“ (Carpenter, 220) So beschwerte er sich auch in einem Brief an seine Tante Jane Neave, dem das Manuskript für „Blatt von Tüftler“ beilag, über eine Nachbarin, die sich ständig über eine Pappel vor ihrem Haus aufregte. Sie würde ihr das Licht nehmen und bei Wind eine Gefahr für ihr Haus darstellen, behauptete die Nachbarin. Tolkien konterte, dass der Schatten des Baumes, der übrigens auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand, allenfalls am frühen Morgen und nur zur Tagundnachtgleiche bis zum Bordstein des Hauses der Nachbarin reiche. Außerdem würde ein Wind, der so stark sei, dass der Baum auf ihrem Haus landete, es auch ganz ohne Hilfe des Baumes schaffen, sie und ihr Haus zu zerstören. „Jeder Baum hat seinen Feind, nur wenige haben einen Anwalt“, schrieb er (Carpenter, 321).
Im gleichen Brief nennt er den Herrn der Ringe seinen eigenen, inneren Baum. „Er wächst unkontrolliert weiter und offenbart endlose neue Aussichten“ (ebd.) – ein Gefühl, das Tolkien in „Blatt von Tüftler“ genauer zum Ausdruck bringt. Der Maler Tüftler versucht darin das Bild eines großen Baums zu malen, verliert sich aber so in Details und wird von seinem Nachbarn von der Arbeit abgehalten, dass er realisiert, dass er das Werk nicht vollenden wird.
Auch in Tolkiens Werken zu Mittelerde spielen Bäume eine wichtige Rolle, ihnen wird sogar Leben eingehaucht. Im Alten Wald, nahe des Auenlands, hegen die Bäume düstre Gedanken gegen Zweibeiner und schikanieren Wanderer, da sie sich an alte Verletzungen erinnern. Das gleiche gilt für den Fangorn-Wald, der durch Sarumans Orks bedroht wird. Mit den Ents erschafft Tolkien sprechende und laufenden Kreaturen, die sich durchaus wehren können. Seine Wälder und Bäume werden immer dann finster und böse, wenn ihnen ein Leid zugefügt wurde. Besserung ist jedoch möglich: Nach dem Ringkrieg verwandelt sich der Düsterwald in den Großen Grünwald.
Tolkiens größte und faszinierendsten Bäume bleiben Laurelin und Telperion. Ihre Schaffung durch Yavanna und Nienna markiert den Beginn eines Zeitalters der Glückseligkeit. Nach deren Zerstörung durch den gefallenen Valar Melkor und die Spinne Ungoliant wird die letzte Frucht Laurelins zur Sonne, deren Strahlen die Menschheit in Arda erweckt, und die letzte Blüte Telperions zum Mond.
Angesichts Tolkiens Faszination mit Bäumen – und seiner Anklage des Raubbaus an der Natur durch exzessiven Gebrauch von Technik und Maschinerie in seinen Werken – verwundert es sicher nicht, dass er vielen Umweltschutzbewegungen als Vordenker galt und gilt. In den 1960er Jahren traf Tolkiens Plädoyer für die Erhaltung der Natur genau den Zeitgeist und auch heute werden sprachliche Motive aus seinen Werken von Umweltaktivisten genutzt. So gab es am Weltklimatag 2008 zum Beispiel einen ‚Marsch auf Mordor‘ in Canada, um auf die Missstände im Ölsandabbau hinzuweisen (s. Kehr 155f). Moseley Bog in der Nähe von Birmingham, wo Tolkien glückliche Tage seiner Kindheit verbrachte, wurde u.a. wegen des Engagements von Tolkien-Fans zum Naturreservat erklärt. 1992 hat die britische Tolkiengesellschaft im University Park in Oxford zwei Bäume in Andenken an J.R.R. Tolkien gepflanzt. Hast Du selbst schon einmal daran gedacht, den Spaten und einen Setzling in die Hand zu nehmen und einen eigenen Baum zu pflanzen?
Damit dabei alles gut geht, verlosen wir zum 40. Todestag Tolkiens das kleine aber feine Buch How to Plant a Tree von Daniel Butler, das uns die Ivy Press freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Dazu gilt es folgende Frage zu beantworten:
Welche Namen gab Tolkien Laurelin und Telperion in seinen ersten Aufzeichnungen zu Mittelerde?
Schickte eine E-Mail mit den Lösungsworten, Eurem Namen und Adresse an marie-noelle.biemer (ad) tolkiengesellschaft.de. Der Gewinner wird aus allen richtigen Einsendungen ausgelost. Einsendeschluss ist der 6. September 2013. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
*Meine Übersetzungen in gesamten Text
Quellen:
Carpenter, Humphrey (Hrsg.). The Letters of J.R.R. Tolkien. London: HarperCollins, 1995.
Duriez, Colin. J.R.R. Tolkien: The Making of a Legend. Oxford: Lion Hudson, 2012.
Kehr, Eike. Natur und Kultur in J.R.R. Tolkiens The Lord of the Rings. Studien zur anglistischen Literatur- und Sprachwissenschaft, Vol. 35. Trier: WVT, 2011.