Heute hat der Vorstand der (ehemals) “Deutschen Tolkien Gesellschaft e.V.” auf einen Artikel der Welt reagiert und die sofortige Umbenennung in “Deutsche Männlicher-Tolkien Gesellschaft e.V.” (DMTG) beschlossen.
“Dieser Schritt war dringend notwendig”, erklärte der 1. Vorsitzende Tobias M. Eckrich. “Nachdem die Welt Ursula K. Le Guin als dominierendes Attribut “Weiblicher Tolkien” zugewiesen hat, mussten wir natürlich nachziehen und eventuellen Verwechslungen vorgreifen. Schließlich ist Ursula K. Le Guin überhaupt nicht von J.R.R. Tolkien zu unterscheiden. Die beiden trennt nichts als das Geschlecht. Das haben wir erkannt und entsprechend gehandelt.” Wie sich die Umbenennung auf das konkrete Vereinsleben auswirken wird, konnte Eckrich noch nicht sagen. “Auf jeden Fall müssen wir jetzt mehr Geld für Druckkosten einrechnen. “Männlicher-Tolkien Stammtisch”, “Männlicher-Tolkien Tag” und so weiter nimmt eben doch mehr Platz in Anspruch als der ursprüngliche Name.” Die Vereinsmitglieder können zumindest auf neue Mitgliedsausweise mit dem aktualisierten Namen hoffen.
Auch schon vorher gab es unter den Mitgliedern (m/w) Stimmen, die sich ob der exorbitanten Menge an weiblichen Mitgliedern äußerst skeptisch zeigten. So gab es offenbar Unmut, als auf der letzten Mitgliederversammlung vom Vorstand bekannt gegeben wurde, dass die (ehemalige) DTG nun mehr weibliche als männliche Mitglieder habe.
“Die jungen Mädchen wollen ständig wie Éowyn oder Galadriel sein”, echauffierte sich ein Mitglied, das aus nachvollziehbaren Gründen nicht namentlich genannt werden möchte und dessen Meinung auch niemanden zu interessieren scheint: “Sie können diese unmännlichen Figuren wie Frodo und Celeborn verstehen und mögen diese auch. Wie kann man aber einen weinerlichen Knirps und einen Elben, dessen Namen auf Quenya Teleporno heißt, mögen!”
Mit unflätigeren Worten tat sich ein anderes Mitglied (m/w) hervor, dass frau sich doch bitte wie Arwen zu verhalten und auf einen Mann zu warten habe. Auch gab das Mitglied bekannt, dass es sich Éomer zum Vorbild genommen habe, der die Eskapaden seiner kleinen Schwester Éowyn so gar nicht verstehen könne (“Was denkt sie sich eigentlich? Ohne die Erlaubnis ihres Bruders oder ihres Onkels Haus, Hof und Leute ohne Führung zurückzulassen und dadurch ihre Pflicht zu verletzen!”). Weiterhin beschimpfte das Mitglied die weiblichen DTG-Mitglieder als Kankras, die von der Brut der allerscheußlichsten und gifttriefenden Ungoliant abstammen und “ihre Spinnennetze überall ausbreiten, Männer mit selbigen einwickeln und mit ihren süßen Worten ihre armen Opfer einlullen” wollten.
Tolkien (männlich)
Tolkien (weiblich)
Nach der Verkündung durch den 1. Vorsitzenden zeigten sich einige Mitglieder euphorisch und meinten, die weiblichen Mitglieder der ehemaligen DTG könnten ja in die “Deutsche Weiblicher-Tolkien Gesellschaft” bzw. “Deutsche Le Guin Gesellschaft” eintreten. Dort könnten sie ja ebenfalls Tolkien lesen – nur halt in “weiblich”.
Ein weibliches Mitglied, das ebenfalls ungenannt bleiben möchte, zeigte sich über diese Möglichkeit sehr erfreut. “Endlich gibt es einen Verein, der ganz zu mir passt und mir ermöglicht, mich mit der weiblichen Tolkien zu beschäftigten. Mit Literatur von Männern konnte ich noch nie viel anfangen. Wenn ich vorher gewusst hätte, dass J.R.R. Tolkien ein Mann war, wäre ich ja nie beigetreten.”
Bei diesem Artikel handelt es sich um Satire! Er reagiert auf die Betitelung eines Artikels in der Welt vom 24.01.2018 über die am 22.01.2018 verstorbene Fantasy- und Science-Fiction-Autorin Ursula K. Le Guin mit “Der weibliche Tolkien ist gestorben”. Ursula K. Le Guin hatte genug Fähigkeiten und Eigenschaften, die sie zu einer einzigartigen, großartigen Autorin machten. Die unreflektierte, reißerische Reduzierung im Titel auf die Ähnlichkeiten ihrer Werke mit denen J.R.R. Tolkiens ist unangemessen, besonders für einen Nachruf. Vor allem auch, da der dazugehörige Artikel Le Guins Einsatz für den Feminismus betont.
Und neue Mitgliedsausweise gibt es natürlich auch nicht!
Credits
Titelfoto: tonefotografia (Adobe Stock: 95142948)
Bild Tolkien: gemeinfrei
Bild Le Guin: Photo courtesy Euan Monaghan/Structo
Bild Artikel: Screenshot von der WELT, abgerufen am 26.01.2018, 18:27 Uhr
Autoren: Sophie Bauer, Maria Zielenbach