Harry Potter and the Deathly Hallows – Hat Rowling bei Tolkien abgeschaut?

Eine Nachricht, die ein wenig aus der Reihe fällt, aber im großen Trubel um erfolgreiche Fantasyliteratur sicherlich ihren Platz hat, ist der nächste Band der Harry Potter Reihe mit dem Titel Harry Potter and the Deathly Hallows. Binnen kürzester Zeit brach eine große Debatte auf einschlägigen Seiten aus, wie der Titel zustande kam, was er bedeuten kann und vor allem: wie ist er zu übersetzen.

Ein Internetwörterbuch wie Dict.Leo.org bietet bei dem Verb ‘to hallow – heiligen, weihen.’ Hallows wird fast ausnahmslos mit dem Begriff ‘Halloween’ oder ‘All Hallows Evening = Allerheiligen’ verbunden und entsprechend übersetzt.

Harry Potter und die Heiligen des Todes/ Todgeweihten? Harry Potter und die tödlichen Heiligen? Eine Menge Kombinationen ließen sich hier ausprobieren, aber wenn man seinen Tolkien kennt, dann muß man nicht weit suchen: die Hallows sind die Weihestätten (Carroux/Krege) in Minas Tirith, die Gruft der Truchsessen nach Rath Dínen, wo Denethor seinen Sohn Faramir bei lebendigem Leibe verbrennen will.

Der Begriff der Weihestätte ist eine sehr gute, weil sehr offene Idee. Mittelerde ist eine Welt ohne klar religiöse Aktivitäten, die an Tempeln, Priestern und entsprechenden Ritualen erkennbar wären – genau bei wie Hogwarts, die Schule der Zauberer, an der Harry Potter ausgebildet wird.

Hier die relevanten Zitate aus Der Herr der Ringe. Die Rückkehr des Königs. Alle englischsprachigen Zitate stammen aus der HarperCollins Paperbackausgabe von 1999 (schwarze Einbände mit Tolkiens Umschlagentwürfen.) Deutschsprachige Zitate entstammen der Klett-Cotta Hardbackausgabe, 2002 (Übersetzung von Carroux; Krege ist leider wieder zu ungenau.)

“‘Denethor has gone to the Tombs’, said Pippin.” RotK, The Pyre of Denethor, 141.
“Denethor ist zu den Grüften gegangen”, sagte Pippin (…). 139.

“And the King said to Beregond: ‘Beregond, by your sword blood was spilled in the Hallows, where that is forbidden. (….)” RotK, The Steward and the King, 297.
“Und der König sagte zu Beregond: “Beregond, durch dein Schwert wurde Blut vergossen an den Weihestätten, was verboten ist.” 278.

“Fen Hollen it was called , for it was kept ever shut save at times of funeral, and only the Lord of the City might use that way, or those who bore the token of the tombs and tended the houses of the dead.” RotK, The Siege of Gondor, 109.
“Fen Hollen wurde sie genannt, denn sie wurde immer verschlossen gehalten außer zu Begräbniszeiten, und nur der Herr der Stadt durfte diesen Weg benutzen oder jene, die das Zeichen der Grüfte trugen und die Häuser der Toten betreuten.” 109

Die Hallows bei Tolkien sind die Grabstätten der Könige und der Truchsessen, bei der die Könige eigene Gräber erhalten, die Truchsesse aber alle in einem Haus untergebracht sind. Weitere Worte im Umfeld sind: Weihestätten, Grab, Gruft, Tempel, Häuser der Toten, Heiligtum. Es handelt sich um einen Ort, an dem kultischen Riten nachgegangen wird, die aber nicht notwendigerweise an einem monotheistischen-religiösen Konzept wie dem Christentum ansetzen – wenn, dann sind hier wohl eher heidnische Vorstellungen wie ein besonderer Bezug zur Natur möglich oder eine simple Ahnenverehrung, die nicht aneine Religion gebunden ist. Wie man diesen Titel übersetzt, liegt natürlich sehr am (noch unbekannten) Inhalt des Bands, aber das letzte Kapitel im Half-Blood Prince heißt The White Tomb und Dumbledore liegt auf einem Tisch – genau wie die Truchsessen und Könige von Minas Tirith. Einem Tisch aus Marmor – wie bei Tolkien.

Die tödliche Weihestätte – Dumbledores Grab am See?

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