Rezension die Zweite: Looking for the King

Rezension die Zweite: Looking for the King

English version below

Nach Marcel Bülles positiver Rezension, habe ich Looking for the King von David Downing auf meinen Wunschzettel gesetzt und bekam das Buch prompt zu Weihnachten geschenkt. Nach dem Lesen kann ich allerdings nicht mit in die Laudatio einstimmen.

Wenigstens kann man sich nicht beschweren, man wäre nicht gewarnt worden – allerdings erst nach dem Lesen des Buches im Kapitel ‘Quellen’. Downing fragt sich nämlich immer wenn er historische Romane liest „welche Teile davon Geschichte und welche frei erfunden sind“ (267; meine Übersetzung). Die Frage lässt sich für sein eigenes Werk leicht beantworten: Sobald einer der Inklings auftaucht, bekommt der Leser mehr oder weniger wörtliche Zitate geliefert. Der gewissenhafte Gelehrte gibt natürlich zuverlässige Quellenangaben. Aber was bedeutet das für die Geschichte?

Der Hauptcharakter Tom, der aus völlig unerfindlichen Gründen von allem Britischen intellektuell überwältigt wird, trifft zum ersten Mal im Turf Pub auf C.S. Lewis (ohne die üblichen Probleme, den Eingang zu finden). Mit Toms Minderwertigkeitskomplex bekommt man schnell den Eindruck, dass es sich hier um, zugegebenermaßen gut geschriebene, Fan-Fiction à la „Ich bin total unwürdig, aber wenn ich meinen Lieblingsautor/-wissenschaftler treffen würde, würden wir uns prima verstehen.“

Das ist aber nicht die größte Schwäche des Romans. Die besteht darin, dass man das Gefühl bekommt, man treffe auf Pappkameraden sobald man den Inklings begegnet. Beim Treffen mit Tolkien in dessen Haus, bekommt man Zitate aus Humphrey Carpenters J.R.R. Tolkien: Eine Biographie geliefert, in denen der Mann sich mit einem Hobbit vergleicht und vom ‚grünen großen Drachen’ Gespräch mit seiner Mutter erzählt. Und übrigens, „Ich liebe Bäume und Gärten, jeden Ort zu dem ich von Städten und Maschinen flüchten kann. Ich versuche Reisen und Abenteuer zu vermeiden und kleide mich schlicht. Aber ich habe eine Vorliebe für prächtige Westen“ (159, meine Übersetzung). Diese Aussagen werden alle auf nur einer Seite gemacht und der fiktionale Tolkien erzählt weiter völlig zusammenhangslos von allen möglichen Aspekten seiner wissenschaftlichen und fiktionalen Arbeit, gespickt mit Verhaltensbeobachtungen aus Carpenter. Man glaubt einen flotten Lexikon-Eintrag zu Tolkien zu lesen, aber sicher keine realistische Darstellung eines Romancharakters, außer man befindet sich bei Joyce oder Woolf. Kein Mensch würde einen total Fremden in nur fünf Minuten mit all diesen essentiellen Details konfrontieren.

Das ganze funktioniert bis zu einem gewissen Punkt bei Charles Williams, den der Leser in einem Vorlesungsraum vorfindet, in dem er über den Heiligen Gral spricht und damit einen Einblick in seine theologischen Theorien gewährt. Die Situation bietet sich für die Übermittlung dieser Grundkonzepte an, ganz im Gegensatz zu den privaten Treffen mit den anderen Inklings.

Downings Zitat-Methode ist sicher eine interessante Technik, aber sie trägt nicht dazu bei, plausible Charaktere einer Abenteuergeschichte zu formen. Hätte er den Inklings ein paar mehr erfundene Worte in den Mund gelegt, wäre es diesem Leser jedenfalls leichter gefallen den Unglauben auszusetzen.

Referenzedition: Downing, David. Looking for the King. San Francisco: Ignatius, 2010.

Marie- Noëlle Biemer studierte Anglistik, Russistik und BWL an der Justus-Liebig-Universität in Gießen und Business Studies an der University of Bradford, UK. Sie schrieb ihre Diplomarbeit über William Morris Prosaromanzen und deren Einfluss auf Tolkien, in der Morris späte fantastische Romanzen und die auffälligen Ähnlichkeiten, die man in Tolkiens Werken über Mittelerde finden kann, untersucht werden. Sie arbeitet heute als Redakteurin bei einer Fachzeitschrift in Frankfurt. Als zweite Vorsitzende der Deutschen Tolkien Gesellschaft organisiert sie Veranstaltungen, ist Redakteurin der DTG Website und Mitherausgeberin des DTG Jahrbuchs Hither Shore.

 

After Marcel Bülles’ positive review, I put Looking for the King by David Downing on my wishlist and was promptly given the book for Christmas. After reading, I cannot join the laudations.

At least the reader cannot say he has not been warned – though the warning comes after the novel in ‘Source Material’. Downing wonders whenever he reads historical fiction “which parts are history and which parts are fiction” (267). The question is easily answered for his own work: Whenever one of the Inklings appears, the reader gets more or less literal quotes from their works. The diligent scholar gives reliable references. But what does that mean for the story?

The main character Tom, given to feeling intellectually overwhelmed by all things British for no apparent reason, first encounters C.S. Lewis in the Turf pub (without the usual problem of finding the location). With Tom’s inferiority complex, you soon get the impression of some, admittedly well-written, fan-fiction à la “I’m totally not worthy, but if I met my favourite author/scholar, I’m sure we’d get on like a house on fire.”

Yet that is not the major flaw of the novel. It is rather the cardboard cut-out feel one gets when faced with the Inklings. Meeting Tolkien at his home for the first time, we get quotations from Humphrey Carpenter’s J.R.R. Tolkien: A Biography on the man comparing himself to Hobbits and the ‘green great dragon’ incident. And, by the by, “I love trees and gardens, anywhere I can get away from cities and machines. I try to avoid travel and adventures, and I dress plainly. But I do have a fondness for splendid waistcoats” (159). These statements are all made on only one page and the fictional Tolkien goes on in this haphazard manner, touching on all sorts of aspects of his scholarly and fictional endeavours, spiced with behavioural observations gleaned from Carpenter. It feels as if you get the ‘Tolkien Digest’ but it is certainly not a realistic way to portray a character in a novel, unless we are talking stream of consciousness. No one would bombard a total stranger with all these essentials in just five minutes of casual conversation.

It works to some extent with Charles Williams, whom we encounter in a lecture hall where he talks of the Holy Grail and we get an overview of his theological theories. The situation lends itself to conveying basic concepts unlike the private meetings with the other Inklings.

While Downing’s quotational approach is an interesting exercise in itself, it certainly does not function to flesh out plausible characters in an adventure novel. Putting a few more imaginary words into the Inklings’ mouths would definitely have aided this here reader’s willing suspension of disbelief.

Reference edition: Downing, David. Looking for the King. San Francisco: Ignatius, 2010.

Marie-Noëlle Biemer studied English, Russian and Business at the Justus-Liebig-Universität in Gießen and Business Studies at the University of Bradford, UK. She wrote her diploma thesis on ‘William Morris’s Prose Romances and Their Influence on Tolkien’, taking a look at Morris’s late fantastic romances and some striking similarities that can be found in Tolkien’s works on Middle-earth. She now works as a news editor in Frankfurt. As Vice-Chair of the board of the German Tolkien Society, she spends her free time organising events for Tolkien enthusiasts and is an editor of the society’s Webpage and academic journal Hither Shore.

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