Spieleserie – Teil 3: Wehret den Anfängen

 

 

„Der dunkle Turm sei wieder aufgebaut worden, hieß es. Von dort breitete sich die Macht weitum aus, und im fernen Osten und Süden wurden Kriege geführt, und die Furcht wuchs. In den Bergen nahmen die Orks wieder an Zahl zu. Trolle waren unterwegs, und sie waren nicht länger einfältig, sondern verschlagen und mit fürchterlichen Waffen ausgerüstet. Und es wurde von Geschöpfen gemurmelt, die noch entsetzlicher seien als diese, aber sie hatten keine Namen.“

Der Herr der Ringe – Die Gefährten (aus dem Kapitel „Schatten der Vergangenheit“)

So erzählen es Frodo Beutlin die Zwerge, die das Auenland seit kurzem wieder häufiger durchqueren. Und tatsächlich, ein Schatten zieht aus dem Osten heran und begräbt Mittelerde nach und nach unter einem Mantel der Finsternis. Jetzt werden Helden benötigt, die sich diesen düsteren Mächten stellen!

An dieser Stelle setzt Der Herr der Ringe – Abenteuer in Mittelerde ein, ein Brettspiel für 2-4 Spieler, das versucht, die Zeit zwischen Bilbos 111. Geburtstag und Frodos Abreise aus dem Auenland näher zu beleuchten. Ein Spieler schlüpft hierbei in die Rolle Saurons, die übrigen Spieler suchen sich jeweils einen der frei erfundenen Helden aus, die sich der dunklen Bedrohung stellen sollen. Da wär zum Beispiel der Zwergenkrieger Thálin, der Waldläufer Beravor oder Eometh, ein Reiter von Rohan. Die Helden haben den Auftrag, Saurons Pläne zu durchkreuzen und dessen stetig wachsenden Einfluss über Mordors Grenzen hinaus einzudämmen. Die Helden sind bei dieser Aufgabe nicht ganz auf sich allein gestellt. Sogenannte Anführer, wie beispielsweise Gandalf, Aragorn oder Denethor leisten den Helden Unterstützung im Kampf gegen die Schatten des Dunklen Herrschers.

Im Zentrum des Spiels steht eine Fortschrittsleiste, die wie der Name schon sagt, den Fortschritt des Spiels anzeigt. Ziel des Spiels ist es für beide Parteien, auf dieser Fortschrittsleiste möglichst zügig und vor allem erstarkt das Finalfeld zu erreichen, welches das Spielende einläutet. Je nachdem, für welche Partei man sich entscheidet, ist das Spielerlebnis ein vollkommen anderes. Im Folgenden sind die Abläufe beider Seiten kurz zusammengefasst:

Jede Spielrunde bei Abenteuer in Mittelerde beginnt stets mit Saurons Zug. Dieser hat drei Möglichkeiten zu agieren, muss sich aber gleich zu Beginn seines Zuges für lediglich zwei hiervon entscheiden. (1) Eine Option bildet das Auslegen von sogenannten Einflussmarkern. Gebiete in denen solche Marker ausliegen, stehen unter dem Einfluss Saurons und bergen mehr Gefahr für die Helden. Außerdem erweitern die Regionen mit Einflussmarkern die Bewegungsmöglichkeiten von Saurons Sklaven. (2) Die zweite Aktionsmöglichkeit bilden das Bewegen von sogenannten Schergen (Nazgûl, Saurons Mund etc.) sowie das Auslegen von Monstern in Gebieten mit Einflussmarkern. Die Schergen können die Helden verfolgen und an fast jedem Ort angreifen. Monster sind statisch und stellen nur eine Bedrohung am jeweiligen Ort dar. (3) Darüber hinaus kann der Sauron-Spieler aber auch Schattenkarten oder Plotkarten ziehen. Schattenkarten bieten dem Spieler der dunklen Seite vielfältige Möglichkeiten, die Helden zu intrigieren oder anderweitig zu behindern. Plotkarten stehen für bedrohliche Ereignisse in bestimmten Regionen. Wenn die Helden hiergegen nicht vorgehen, schreitet Sauron auf der bereits angesprochenen Fortschrittsleiste stetig voran. Je nachdem, wo sich Sauron auf der Fortschrittsleiste befindet, kommen zusätzliche Schergen des Bösen ins Spiel.

Daraufhin sind die Helden an der Reihe: Ebenso wie Sauron haben auch die Helden-Spieler eine Vielzahl an Möglichkeiten. Grob formuliert können die Helden reisen, ihre Fähigkeiten trainieren, sich heilen lassen und erholen, kämpfen und mit einem Anführer Kriegsrat halten, um bestimmte Boni zu erlangen. Das Bewegen und Kämpfen ist bei Abenteuer in Mittelerde sehr innovativ gelöst: Jeder Held besitzt einen sogenannten Lebenspool, der aus einem Aktionskartenstapel besteht. Auf diesen Karten sind zum einen Kampftaktiken und zum anderen Bewegungspunkte verzeichnet. Wenn ein Spieler seinen Helden bewegt oder diesen kämpfen lässt, muss er die benutzten Karten in den Regenerationspool legen, die er durch einfaches Ausruhen wieder zurückerlangen kann. Erleidet der Held hingegen Schaden, kommen die Karten in den Schadenspool. Diese Karten können nur durch Heilung reaktiviert werden. Hat der Held keine Aktionskarten mehr zu Verfügung, scheidet er aus dem Spiel aus. Neben dem Reagieren auf Saurons hinterhältige Handlungen, haben die Helden außerdem einen Auftrag zu erfüllen. Erfüllen die Helden diesen Auftrag, kann das im weiteren Verlauf spielentscheidend sein.

Erreicht ein Fortschrittsmarker Saurons oder der Freien Völker das letzte Feld auf der Fortschrittsleiste, wird das Finale eingeleitet. Haben die Helden ihren Auftrag erfüllt, gewinnen sie das Spiel. Ist dies nicht der Fall, kommt es zu einem Endkampf. Je nachdem, welche Seite das Finalfeld auf der Fortschrittsleiste erreicht, ist der militärische Vorteil auf derjenigen des jeweils Führenden. Jetzt heißt es: ein auserwählter Held gegen die Ringgeister. Wer diesen Kampf erfolgreich besteht, hat das Spiel gewonnen.

Abenteuer in Mittelerde ist, wie man bereits erahnen kann, ein relativ komplexes Spiel. Die 36-seitige Spielanleitung bedarf zwar etwas Geduld und Ausdauer, die Mühe wird aber letztendlich mit einem sehr atmosphärischen Spielgefühl belohnt. Die mit 180 Minuten angegebene Spieldauer kann abhängig von der Spieleranzahl beim ersten Spielen und mit gelegentlichen Regelnachfragen schnell mal überschritten werden. Abenteuer in Mittelerde ist demnach ein Spiel für diejenigen, die Wert auf epische Spielabende legen. Das Spiel ist bis auf den Endkampf sehr ausbalanciert und bleibt in der Regel spannend bis zum Schluss.  Die detaillierten Helden- und Schergenfiguren im Miniaturformat sowie die Menge an ansprechend bebilderten Spielkarten sind sehr hochwertig und auf jeden Fall ein Blickfänger. Das Spielbrett ist etwas riesig und benötigt auf jeden Fall einen größeren Tisch, um alles bequem unterzubringen. Abenteuer in Mittelerde bedarf fortgeschrittener Spielführer oder solcher, die es werden wollen. Hat man die Eckpfeiler des Spiels aber erst einmal verstanden, geht der Ablauf doch recht leicht von der Hand. Ob man gerne als einsamer Bösewicht den Helden hinterlistige Fallen stellen möchte oder ob man sich lieber mit anderen über Spielzüge berät und großen Wert auf Kooperation legt, für jeden ist bei Abenteuer in Mittelerde etwas dabei. Bis auf den etwas abrupt eintretenden und unverhältnismäßigen Endkampf, stimmt die Balance und der Kampf zwischen Gut und Böse möge beginnen.

Bei wem das Spiel Interesse geweckt hat, kann das Regelwerk bereits vor dem Kauf >hier herunterladen und schon einmal gründlich studieren. Das Brettspiel Abenteuer in Mittelerde, das in deutscher Ausgabe vom Kosmos-Verlag herausgegeben wurde, ist für etwa 39,95 € im Handel erhältlich.

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